Gleich ist es soweit ...

Text aus EPS-Dateien exportieren

Wie können Texte aus EPS- oder Adobe Illustrator-Dateien exportiert werden, um sie beispielsweise in Trados Studio zu übersetzen? Was tun, wenn Sie selbst keine Möglichkeit haben, die Texte editierbar zu machen?

Wenn Sie mit nicht editerbarem Text in Bildern konfrontiert sind und diese zum Beispiel im Format *.ai, *.eps oder *.pdf vorliegen, kann die nachfolgende Information eventuell hilfreich für Sie sein. Dieser Beitrag richtet sich hauptsächlich an freiberufliche Übersetzerinnen und Übersetzer.  Lesen Sie dazu auch
>> DTP für Übersetzungsprojekte Teil 2.

Hinweis: Achtung bei PDF-Dateien − nicht jede PDF-Datei ist dafür geeignet, es hängt davon ab, wie sie erstellt wurde. Dazu eventuell mehr in einem nächsten Beitrag.

Das Ziel immer im Blick

Grundsätzliches Ziel ist es, die Texte mittels Übersetzungssoftware professionell übersetzbar zu machen, um den Einsatz von Translation Memory und Terminologiedatenbank voll zu ermöglichen und außerdem dafür zu sorgen, dass alle Texte auch wieder im Translation Memory landen können. Zudem geht es darum, den Aufwand bei der Bearbeitung von Bildern so gering wie möglich zu halten und fehleranfälliges Copy+Paste weitgehend zu vermeiden.

Kooperationen suchen

Als Übersetzerin oder Übersetzer haben Sie sich wahrscheinlich Ihre Arbeitsumgebung so eingerichtet, dass Ihnen alles rund um das Thema Übersetzen zur Verfügung steht. Sie haben vermutlich eine Lizenz für Trados Studio, für Trados MultiTerm&Co und eventuell auch noch für Microsoft Word und einem PDF-Writer, etc. Die Übersetzung von Indesign oder Illustrator-Dateien kommt aber relativ selten vor, daher ist es für Sie nicht sinnvoll eine ganze Adobe-Lizenz zu kaufen und ständig mit Testlizenzen herumzuprobieren ist ziemlich aufwändig. Falls es Ihnen so geht, strecken Sie am besten einfach Ihre Fühler aus. Es gibt Grafikerinnen und Grafiker, die sich genau auf dieses Fachgebiet spezialisiert haben. Eine Kooperation in einzelnen Fällen oder auch langfristig ist meist die beste Alternative. Anstatt sich selbst zu ärgern und wertvolle Zeit zu investieren, geben Sie diese Aufgabe einfach ab. So wie Sie sich nicht allein mit dem Jahresabschluss herumärgern wollen und daher einen Steuerberater beauftragen.

Verständnis bei Ihren Kunden erzeugen

Wieviel Zeit haben Sie bereits investiert, um herauszufinden, wie die nicht-editierbaren Texte übersetzbar gemacht werden können? Haben Sie recherchiert, herumprobiert, Leute gefragt? Lag der Aufwand bei einer Stunde, bei zwei oder vielleicht bei 10? Sind Ihre Kunden sensibilisiert für das Thema? Kann Ihr Kunde die Texte eventuell sogar selbst exportieren? Versteht Ihr Kunde, die Vorteile eines Translation Memory Systems und daher den Grund für die Notwendigkeit eines Exports?

Falls kein Export auf Kundenseite möglich ist, stellen Sie am besten zwei Optionen zur Auswahl: manuelles Copy+Paste oder professioneller Export. In beiden Fällen ist mit Zusatzkosten zu rechnen, wobei händisches Kopieren meist fehleranfällig ist und erfahrungsgemäß länger dauert, zumindest bei vielen Dateien. Hat Ihr Kunde viel Zeit, wird die Entscheidung vielleicht eher auf die Copy+Paste-Lösung fallen z. B. durch PraktikantInnen, doch sehr häufig ist Zeit ein kritischer Faktor und dann ist es oft sehr hilfreich, wenn Sie eine alternative Lösung anbieten können. Suchen Sie sich also im Idealfall ein professionelles Netzwerk, dem Sie vertrauen, oder sorgen Sie für die notwendige technische Umgebung bei Ihnen im Büro.

Viele Wege führen nach Rom

Wie immer gibt es mehrere Wege zum Ziel. Ich zeige hier drei Varianten auf, die ich selbst getestet habe und die mir daher am praktikabelsten erscheinen. Da ich persönlich am meisten Erfahrung mit Trados Studio habe, erwähne ich dieses Tool hier. Die Übersetzung kann aber natürlich auch in anderen gängigen Übersetzungstools durchgeführt werden.


Variante 1: Die Rustikale

Voraussetzung: Lizenz für Adobe Illustrator oder zumindest Testlizenz
  1. EPS-, PDF oder AI-Datei im Illustrator öffnen.
  2. Datei als *.txt-Datei exportieren.
  3. TXT-Datei in Trados übersetzen.
  4. Übersetzten Text String für String manuell in die Illustrator-Datei kopieren.
  5. Finale Datei erstellen.
Anmerkungen:
  • Sie ersparen sich dadurch das lästige manuelle Herauskopieren der zu übersetzenden Textstellen, müssen aber den übersetzten Text dann wieder händisch zurückkopieren, da in der TXT-Datei sämtliche Meta-Daten verlorengehen, das Layout somit nicht erhalten bleibt.
  • Wenn Sie nur eine einzige Datei zu übersetzen haben, ist das vermutlich ein relativ rascher und unkomplizierter Weg. Bei mehreren Dateien wird es aber bereits ungemütlich.
  • Falls Ihr Kunde das Zurückkopieren der Texte selbst übernimmt, ist es ratsam, zumindest die bilinguale übersetzte Datei im Word-Format als Orientierung zur Verfügung zu stellen.

Variante 2: Die Professionelle

Voraussetzung: Lizenz für Adobe Illustrator oder zumindest Testlizenz. Kauf der Software “CopyFlow Gold (CFG)” oder zumindest Testlizenz.
  1. Extension „CopyFlow Gold“ installieren.
  2. EPS-, PDF oder AI-Datei im Illustrator öffnen.
  3. Zu übersetzenden Text als XML exportieren.
  4. XML in Trados prüfen (werden alle Strings richtig ausgelesen? Evtl. Filetype anpassen).
  5. XML in Trados übersetzen.
  6. XML mittels CFG-Extension zurück in Adobe Illustrator importieren.
  7. Eventuell noch Layout-Anpassungen machen, wenn zum Beispiel die Textboxen für die neue Sprache zu klein sind (DTP Feinlayout).
  8. Finale Datei erstellen.
Anmerkungen:
  • Kein fehleranfälliges, manuelles Kopieren der Texte.
  • Bei vielen Dateien eine rasche, professionelle Lösung, da Batch-Verarbeitung möglich.
  • Kostenpflichtige Zusatzsoftware CFG notwendig.

Variante 3: Die Alternative

Voraussetzung: Lizenz für Adobe Illustrator oder zumindest Testlizenz
  1. EPS-, PDF oder AI-Datei im Illustrator öffnen.
  2. Zu übersetzende Texte in Illustrator als Variablen definieren. Hierfür muss jede Datei händisch und separat geöffnet werden.
  3. Datensatz erfassen und als XML-Bibliothek exportieren.
  4. XML in Trados prüfen (werden alle Strings richtig ausgelesen? Evtl. Filetype anpassen).
  5. XML in Trados übersetzen.
  6. Übersetzte Datei über Variablen-Bibliothek importieren.
  7. Eventuell noch Layout-Anpassungen machen, wenn zum Beispiel die Textboxen für die neue Sprache zu klein sind (DTP Feinlayout).
  8. Finale Datei erstellen.
Anmerkungen:
  • Vom Workflow her etwas aufwändiger als Variante 2.
  • Bei einzelnen Dateien durchaus praktiabel. Bei vielen Dateien eher aufwändig.
  • Kein fehleranfälliges, manuelles Copy+Paste
  • Keine Zusatzsoftware notwendig.

Fazit

Welche Lösung für Sie am effektivsten ist, kann natürlich nicht pauschal beantwortet werden. Vieles hängt von der Größe des Projektes ab, vom Zeitrahmen, von Kundenwünschen und auch davon, welcher Workflow Ihnen selbst sympathisch ist. Finden Sie am besten heraus, welcher Typ Sie sind. Macht es Ihnen Spaß, neue Software auszuprobieren und Lösungen selbst zu suchen? Oder haben Sie lieber verlässliche Kooperationspartner, an die diese Aufgaben ausgelagert werden können?

Wie auch immer Sie an die Sache herangehen, es gibt mit Sicherheit eine Lösung, die gut zu Ihnen passt. Manchmal ist das erste Projekt dieser Art etwas herausfordernd, aber gute Kommunikation ist alles. Ihr Kunde wird es zu schätzen wissen, wenn Sie sich engagieren und nach professionellen Lösungen Ausschau halten

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis weit höher als in der Theorie.

– Ernst Ferstl

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